Kommentar |
Mäuse, die keine ‚Angst’ haben, werden von Raubvögeln gefressen; man nennt das natürliche Auslese. Nur: überlebende Mäuse bleiben Gefangene ihrer Selbst, weil eben ängstlich. Der Mensch hingegen scheint seine natürliche Angst auch insoweit zu beherrschen, als er sie künstlich zu erzeugen und in extremis zum Mittel politischer Herrschaft zu machen versteht. Mit dem Blick auf Festungs- und Gefängnisarchitektur etwa lässt sich Angsterzeugung als angewandte Kulturtechnik bezeichnen, die der Real- wie Symbolpolitik dient. Das Seminar wird sich einerseits mit (gebauten) Architekturen der Sozialdisziplinierung und Menschenvernichtung, anderseits mit (dargestellten) Räumen der Unterwelt und Hölle beschäftigen. Die von Menschen erzeugten Angsträume sind insofern unheimliche Gebilde, als sie transparent machen, dass der Mensch ein zivilisiertes Lebewesen und zugleich von einer barbarischen Primitivität ist.
Themenübersicht:
Frühneuzeitliche Festungs- und Gefängnisarchitektur Imaginierte Angsträume (Piranesis Kerkerwelten) Die (christliche) Hölle Die Architektur des Konzentrationslagers Angst und Erinnerung bei Anselm Kiefer und Daniel Libeskind
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Literatur |
Wolfgang Sofsky, Die Ordnung des Terrors: Das Konzentrationslager, Frankfurt/M. 1993 Dietrich Erben, Angst und Architektur. Zur Begründung der Nützlichkeit des Bauens, in: Hephaistos, 2003/04, Bd. 21/22, S. 29-51.
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