Unmittelbar nach Kriegsende wurden Forderungen nach einem radikalen Neubeginn der Literatur laut, die Sprache sollte vom nationalsozialistischen Missbrauch bereinigt werden - Kahlschlag und Stunde Null avancierten zu neuen programmatischen Schlagwörtern. Bis auf einige wenige Gedichte fehlt jedoch eine literarische Umsetzung dieses Programms: Die Aufarbeitung der Kriegsschrecken und die Kritik an vermeintlich restaurativen Bestrebungen der Nachkriegspolitik schienen mit einem reduzierten Sprachkorpus nicht - oder nur bedingt - möglich zu sein.
Dass die Prosa der frühen Nachkriegszeit nicht in einem literarischen Vakuum entstand, sondern an ältere Traditionen anknüpte und diese zugleich auch innovativ umgestaltete, wird die Analyse unseres Seminarkorpus zeigen; neben Romanen von Wolfgang Koeppen und Heinrich Böll lesen wir auch Kurzprosa von Wolfgang Borchert, Ilse Aichinger u.a. und spüren den narrativen Techniken nach, mit denen die Autoren ihre Botschaften literarisch inszenierten. |