Kommentar |
Der christliche Glaube ist von Anfang an verbunden mit einem Sinn für die Anderen: die Nächsten, die Fremden, die Ausgestoßenen, die Hilfsbedürftigen usw. Ebenso ist er aber auch verbunden mit der Abgrenzung von den Anderen, die nicht glauben. In den letzten Jahrzehnten hat das Thema der Anderen nicht nur in der Theologie, sondern auch in der Philosophie, der Literatur und den Medien eine besondere Aufmerksamkeit gefunden. Der Holocaust, die Entkolonialisierung und die Globalisierung haben dazu beigetragen. Einerseits wird gefordert, dass die Anderen als Andere, also in ihrem Anderssein, anzuerkennen sind. Wir sollen sie weder wegen ihres Andersseins verachten noch sollen wir sie uns angleichen. Andererseits ist zu beobachten, wie stark Menschen durch die Unsicherheit und das Misstrauen gegenüber den Anderen geprägt werden.
Die Formalität des Begriffs „Andere“ hat zur Folge, dass die Anderen und das Anderssein ein sehr weites Themenfeld sind. In der Vorlesung soll einerseits analysiert werden, welche Begriffe verwendet werden, um den Anderen zu bezeichnen (Fremder, Du, Nächster, Mitmensch). Es soll die schwierige Frage des Verstehens Anderer diskutiert werden. Führt der Versuch, die Anderen in ihrem Anderssein zu verstehen, nicht bereits dazu, dass das Anderssein aufgehoben wird? Denn wie können wir Andere verstehen, ohne sie von unseren Voraussetzungen aus zu verstehen? Gibt es hier einen Ausweg? Im Mittelpunkt stehen soll jedoch das Verhältnis des christlichen Glaubens zu den religiös Anderen. Dieser Problemkreis ist in den letzten Jahrzehnten vor allem unter dem Titel „Theologie der Religionen“ behandelt worden. Aber die „Theologie der Religionen“ erfasst nur einen Teil der Fragen, die durch das Verhältnis des christlichen Glaubens zu den religiös Anderen aufgeworfen werden. Die Vorlesung soll auch Themen berücksichtigen, die jenseits der religionstheologischen Fragestellung im engeren Sinn liegen. |