Kommentar |
Gerechtigkeit ist einer der zentralen Begriffe der politischen Philosophie. Zugleich ist dieser Begriff in den zeitgenössischen Debatten äußerst umstritten. Neben der Frage, ob der Wert der Gerechtigkeit Vorrang vor anderen politischen Werten hat, wird der Begriff der Gerechtigkeit selbst kontrovers diskutiert. Woran sollte die Gerechtigkeit sozialer und politischer Strukturen und sozialpolitischer Maßnahmen gemessen werden? Was ist überhaupt eine gerechte poltische und gesellschaftliche Ordnung? Ist Gleichheit der Inbegriff von Gerechtigkeit? Der egalitäre Liberalismus nach John Rawls stellt die Gleichheit ins Zentrum einer Gerechtigkeitstheorie und begreift damit eine egalitäre Verteilung von Grundgütern als Maßstab für gerechte Verhältnisse. Während sich egalitäre Positionen nur noch darüber streiten, in welcher Hinsicht Gleichheit als Prinzip zu gelten hat, ist der Egalitarismus mit verschiedenen grundlegenden Alternativen konfrontiert: Gerechtigkeit wird in libertären Grundpositionen als Gewährleistung negativer Freiheiten, im Kommunitarismus als Ermöglichung von Gemeinschaft und im Perfektionismus als Ermöglichung der Fähigkeiten der Bürger verstanden. Noch grundlegender wird der Begriff der Gleichheit in der neueren Kritik des Anti-Egalitarismus in Zweifel gezogen: Gleichheit gehöre begrifflich nicht zur Gerechtigkeit und habe auch keinen Eigenwert. Das Seminar soll zur Einführung in die Gerechtigkeitstheorie dienen. Wir werden Schlüsseltexte der zeitgenössischen Debatte im Anschluss an Rawls lesen und diskutieren. Das Ziel ist es, ein klares Verständnis von Problemen und Positionen zu entwickeln, die für die philosophische Auseinandersetzung mit der Gerechtigkeitsthematik kennzeichnend sind. |