Kommentar |
Jede Nationalgeschichte kennt den vollendeten oder fehlgeschlagenen tödlichen Anschlag auf die Person eines Herrschers respektive Staatsoberhauptes. Im Falle Frankreichs sind dies der Königsmord, verübt an Heinrich III. (1588) und Heinrich IV. (1610), sowie die Ermordung der Präsidenten der III. Republik François Sadi-Carnot (1894) und Paul Doumer (1932). Einen Sonderfall stellt dabei die Aburteilung Ludwigs XVI. am 21. Januar 1793 nach einem Prozess vor der Nationalversammlung dar, der nicht nur von Vertretern und Anhängern des gestürzten Herrscherhauses als Königsmord betrachtet, sondern selbst von zahlreichen beteiligten Abgeordneten als solcher empfunden wurde. Die Interpretation der Vorgänge belastete die spätere Restauration der Bourbonen schwer, und so war in der Person des präsumtiven Thronfolgers, Charles de Berry, der 1820 einem Anschlag zum Opfer fiel, die gesamte Dynastie anvisiert worden. Ähnlich interpretierten Zeitgenossen den Tod des Prince Impérial, Sohn des gestürzten Kaisers Napoleon III., bei Kampfhandlungen als Volontär in britischen Kolonialtruppen. Fehlschlugen hingegen Attentate beispielsweise auf Ludwig XV., Louis-Philippe, Napoleon I. und zuletzt Charles de Gaulle im Jahre 1962.
Besagter Zeitraum (16. Bis 20. Jahrhundert) wird in der Übung mit der Vorstellung von Tathergang, Hintergründen, Prozessverlauf und politischen Folgen behandelt, wobei auch kurz auf entsprechende Fälle in anderen Ländern und deren Rezeption in französischen Schriftzeugnissen eingegangen werden wird. Gleichfalls beleuchtet werden die Beweggründe, die von einer politischen ultima ratio – gleichsam als Notwehrakt zur Verteidigung einer gefährdeten Staatsraison – über persönliche Interessen, einer noch der Gedankenwelt des Feudalwesens entspringenden Privatfehde, ideologischen, auf der umstrittenen Theorie des gerechten Tyrannenmordes fußenden Gründen bis hin zu diffusen, schwer nachvollziehbaren Motiven, die ihren Ursprung in Fanatismus und Wahnvorstellungen hatten, reichen, sowie die Entwicklung der greifenden Sonderrechtsprechung.
In der ersten Sitzung wird eine methodologische Einführung zum Umgang mit fremdsprachlichen Texten (grammatikalische, lexikalische und stilistische Probleme, sprachgeschichtliche Entwicklung, Hilfsmittel) angeboten. |
Bemerkung |
Die Anmeldung erfolgt zusätzlich durch Einschreibung in eine Teilnehmerliste in der ersten Sitzung. Der Erwerb eines Scheins setzt den regelmäßigen Besuch der Übung sowie einen in der vorletzten Woche der Vorlesungszeit zu liefernden schriftlichen Leistungsnachweis voraus.
Für Studierende, die noch den Nachweis von Kenntnissen in einer modernen Fremdsprache erbringen müssen, findet in der letzten Vorlesungswoche montags von 12 bis 14 Uhr im Raum 3.18 eine Klausur (Übersetzung eines Quellentextes ins Deutsche) in der von ihnen ausgewählten Sprache statt. Als Hilfsmittel sind zweisprachige (auch elektronische) Wörterbücher, Grammatiken und Konjugationstabellen zugelassen. Um Anmeldung im Sekretariat bis spätestens zwei Wochen vor diesem Termin wird gebeten.
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