HS Literatur und Kindheit - [HS Lit. 1500-1800 u. n.1800 / Histor. Fragest. n. 1700 / Syst. Fragest. n. 1700] (Block) - Einzelansicht

Der Wandel in der Einstellung des Menschen zum Kind hat in den großen mentalitätsgeschichtlichen Theorien besondere Aufmerksamkeit erfahren. Für Philippe Ariès, der 1960 der historischen Kindheitsforschung mit seiner Geschichte der Kindheit entscheidende Impulse gab, existiert das Konzept ‚Kindheit‘ in Europa erst vom 17. Jahrhundert an - mit weit reichenden Konsequenzen für die emotionale Befindlichkeit der Menschen. Der ‚Menschenwissenschaftler‘ Norbert Elias sieht den Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang eines übergreifenden ‚Zivilisationsprozesses‘, der die Veränderungen im Affekthaushalt der Menschen, d.h. die historisch und gesellschaftlich je andere Ausprägung ihrer Emotionen, Ängste, Triebe und Wünsche beschreibt. Literatur dokumentiert in dieser Perspektive nicht nur die unterschiedlichen Sichtweisen von Kindern und Kindheit, sondern begleitet diesen Wandel auf ganz spezifische Weise: Sie ist selbst Teil davon, indem sie etwa Möglichkeiten bietet, bestimmte Haltungen einzuüben oder indem sie herrschende oder sich verändernde Einstellungen kritisch reflektiert. Wir werden uns mit den genannten einschlägigen ‚Klassikern‘ der Kulturwissenschaft und ihren Kritikern vertraut machen und vor diesem Hintergrund literarische Texte unterschiedlichster Genres (Gebrauchslyrik, Autobiographisches, Novelle etc.) von Gryphius, Brockes, Gellert, Herder und Goethe (Dichtung und Wahrheit, 1. und 2. Buch) über E.T.A. Hoffmann (Das fremde Kind), Stifter (Der Bergkristall) bis Walter Benjamin (Berliner Kindheit) und Thomas Bernhard (Ein Kind) lesen, die das Thema Kindheit behandeln.

Aries, Phillippe: Geschichte der Kindheit. München 16. Aufl. 2007, insb. die Zusammenfassungen der Großkapitel S. 209-218, S. 457-466, S. 556-563.

Elias, Norbert: Über den Prozess der Zivilisation. 2 Bde. Frankfurt/Main ²⁹2007 (oder frühere Aufl.), Bd. 2, S. 312-434: Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation.

Honig, Michael-Sebastian: Geschichte der Kindheit. In: Grunert, Cathleen / Krüger, Heinz-Hermann (Hrsg.): Handbuch der Kindheits- und Jugendforschung. Opladen 2002, S. 309-332.

Weber-Kellermann, Ingeborg: Die Kindheit. Eine Kulturgeschichte. Frankfurt/Main: Insel 1997.

Wild, Reiner (Hrsg.): Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur. Stuttgart: Metzler ³2007 (bietet einen guten Überblick über den Wandel von Kindheit und Kindheitskonzepten, auch wenn wir uns nicht mit Kinder- und Jugendliteratur beschäftigen).

Kopiervorlagen der Primärliteratur finden Sie im Handapparat!

Das Seminar findet als Blockveranstaltung an folgenden Terminen statt:

Freitag, 21. Juni 2013, ab ca. 14.00 Uhr

Samstag, 22. Juni 2013, ganztägig

Die Anwesenheit an den einführenden Sitzungen, am 22. und 29. April (18.00 – 19.30 Uhr), ist für die Teilnahme am Blockseminar zwingend erforderlich!

Die verbindlich geltenden Zulassungsvoraussetzungen entnehmen Sie eigenverantwortlich den Modulhandbüchern und Studienordnungen Ihres jeweiligen Studienganges.

Die zu erbringende Prüfungsleistungen sind den Regelungen der Modulhandbücher und der Studienordnung Ihres jeweiligen Studienganges eigenverantwortlich zu entnehmen.