Kommentar |
Es gibt wenige Städte in Europa, die so mythologisiert werden wie Wilna, die so umwoben sind von Erzählungen, die aus der Vergangenheit stammen. [...] Und die Erzählungen änderten sich je nachdem, wer sie erzählte: ob es Litauer waren oder Polen, Juden oder Weißrussen, so der Literaturnobelpreisträger Czesław Miłosz. Am Beispiel der durch zahlreiche Völker geprägten Stadt Vilnius soll im Seminar das kulturelle Mit-, Neben- und Gegeneinander ausführlich diskutiert werden. Im Mittelalter Hauptstadt des litauischen Großfürstentums, heute Hauptstadt der Republik Litauen und im Jahr 2009 Kulturhauptstadt Europas, ist Vilnius ein politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum, in dessen Stadtbild sich polnische, russische und weißrussische, jüdische, aber auch deutsche Einflüsse eingeschrieben haben. Das interdisziplinär angelegte Seminar soll einen Anstoß dazu geben, über die Rolle der Geschichte, Sprache und Literatur in nationalen und regionalen Identitätsfindungs- und Erinnerungsprozessen zu diskutieren. Genauso verdienen die Analyse und Diskussion verschiedener aktueller Raumkonzepte eine besondere Aufmerksamkeit, wofür sich die Stadt Vilnius als kulturwissenschaftliches Untersuchungsobjekt durchaus eignet. In einzelnen Seminareinheiten werden die Rolle von Politik, Religion, Sprache, Geschichte und Erinnerungskultur, Geographie, Architektur, Kunst, Literatur und Medien für die frühere sowie heutige Identitätsbildung in einer heterogenen Stadtlandschaft erörtert. Als Ergänzung zur Lehrveranstaltung ist eine einwöchige Studienreise nach Litauen geplant, die den interessierten Kursteilnehmer/innen eine Möglichkeit bieten soll, die litauische Hauptstadt vor Ort zu erkunden und ihre facettenreiche Geschichte unmittelbar zu erleben (die Eigenbeteiligung der Mitreisenden beträgt 20 Prozent). |
Bemerkung |
Über Dr. Ruta Eidukevicie:
Ruta Eidukevicie hat Geschichte und Germanistik an der Universität Kaunas (Litauen) und Literaturwissenschaft an der Universität Vilnius studiert. An der Universität des Saarlandes hat sie 2003 im Fach Germanistik (Literaturwissenschaft) promoviert. Sie ist Dozentin am Lehrstuhl für Deutsche und Französische Philologie an der Universität Kaunas. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf deutscher Gegenwartsliteratur, Komparatistik (deutsch-litauische Literaturkontakte), Kulturwissenschaft und Interkultureller Kommunikation. |