Spiegel und Spiegelungenkommen in unterschiedlichen Erscheinungsformen in der Literatur vor. Es finden sich konkrete Spiegel, Spiegelbilder und trügerische Zerrbilder oder auch strukturelle Spiegelungen im Sinne narrativer Variations- und Wiederholungsstrukturen.
Das imaginäre Spiegelbild in E. T. A. Hoffmanns »Geschichte vom verlohrnen Spiegelbilde« (1814) wird beispielsweise ›Gegenstand‹ eines teuflischen Handels. Dem Protagonisten aus Thomas Glavinics apokalyptischem Roman »Die Arbeit der Nacht« (2006) dienen Videoaufzeichnungen der Selbstüberwachung und -vergewisserung.In Hoffmanns »Artushof« (1816) oder auch Edgar Allan Poes »The Oval Portrait«(1842) spiegeln Bilder Kunst und Leben in eigenwilliger Weise wider. Doppelgängererscheinungen – wie etwa in Hugo von Hofmannsthals »Reitergeschichte« (1899) – vermögen zudem zwischen Figurenduplikaten und gespaltene Identitäten zu changieren.
Durch symmetrische Konstellationen können ferner auch Handlungsstrukturen, Weltsichten und Figurenperspektiven, Möglichkeitsweltenoder zeitliche Dimensionen gespiegelt werden. In diesen Kontexten sind exemplarisch anzuführenJohann Wolfgang Goethes Roman »Wahlverwandtschaften« (1809), Martin Walsers Kurzgeschichte»Templones Ende« (1955), Marie Luise Kaschnitz’ Erzählung »Das dicke Kind« (1952), Matthias Polityckis»Jenseitsnovelle« (2009)und Ilse Aichingers »Spiegelgeschichte« (1949).
Im Seminar sollenmotivisch konkrete Spiegel und Spiegelbilderebenso wie strukturelle narrative Spiegelungen thematisiert werden. |