Kommentar |
Eine grundlegende Aufgabe der Ontologie besteht darin, die Gesamtheit der existierenden Gegenstände zu klassifizieren, d.h. auf der Grundlage ihrer (wesentlichen) Merkmale in Klassen einzuteilen. Dabei zielt die Ontologie traditionellerweise auf eine Einteilung in möglichst allgemeine Klassen ab.
Seit der Antike vertreten viele Philosophen die Auffassung, dass es genau ein Klassifikationssystem gibt, das die Gegenstände auf einige wenige grundlegende Klassen in der Weise aufteilt, dass jeder Gegenstand zu genau einer dieser Klassen gehört. Für diese allgemeinsten Klassen hat Aristoteles den Ausdruck "Kategorie" eingeführt. Im Laufe der Philosophiege-schichte wurden dann sehr unterschiedliche Kategoriensysteme vorgeschlagen. Der klassische Nominalist vertrat zum Beispiel die Auffassung, dass es lediglich eine Kategorie von Gegenständen gibt, die Kategorie der Einzeldinge, während viele Universalienrealisten eine Zwei-Kategorien-Ontologie favorisierten, die auf der Kategorie der Universalien und der Kategorie der Einzeldinge basiert. Durch Hinzunahme zweier weiterer Kategorien, der Kategorie der Tropen und der Kategorie der (Natürlichen) Arten, enthält man schließlich die auf Aristoteles zurückgehende Vier-Kategorien-Ontologie, der heutzutage zum Beispiel Autoren wie E.J. Lowe anhängen.
Wir wollen uns im Rahmen des Seminars mit den zentralen Problemen befassen, die sich beim Aufstellen eines ontologischen Kategoriensystems ergeben. Dabei soll es u.a. um die Beantwortung der folgenden Fragen gehen:
(i) Was ist eine ontologische Kategorie? (ii) Welche Kategorien gibt es? (iii) Wie zeigt man, dass etwas eine Kategorie ist?
Während sich die traditionelle Ontologie bei der Beantwortung solcher Fragen beinahe ausschließlich auf der Ebene der philosophischen Reflexion bewegt hat, orientieren sich heutzutage ontologische Theorien nicht selten an konkreten Problemen, die sich bei der Anwendung ontologischer Klassifikationssysteme innerhalb verschiedener einzelwissenschaftlicher Disziplinen, wie der Biologie oder der Medizin, stellen. Es hat sich dabei gezeigt, dass die Berücksichtigung solcher anwendungsorientierter Aspekte interessante Auswirkungen auf ontologische Grundlagenprobleme besitzen kann. Aus diesem Grund soll im Rahmen dieser Veranstaltung der Versuch unternommen werden, eine Verbindung herzustellen zwischen der philosophischen Ontologie und deren Anwendungen.
Das Seminar gliedert sich in drei Teile:
In einem ersten Teil, der aus den beiden Sitzungen am 16. und 23. April besteht, wird eine Einführung in die Thematik der Veranstaltung gegeben.
Der zweite Teil des Seminars wird am Freitag, dem 25. April, in Gestalt einer Blockveranstaltung abgehalten. Diese Veranstaltung gliedert sich in drei Sessions, die jeweils aus einem fünfzig- bis sechzigminütigen Vortrag (gehalten von Barry Smith) mit anschließender Diskussion bestehen.
Der dritte Teil umfasst dann zehn weitere reguläre Seminarsitzungen (jeweils Mittwoch 12-14 Uhr), in denen die in der Blockveranstaltung aufgeworfenen Fragen und Probleme, teilweise auf der Grundlage von Texten verschiedener Autoren, diskutiert und vertieft werden sollen.
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