Kommentar |
Trotz seiner Einführung, schon in den Anfangszeiten der germanischen Philologie, durch J. A. Schmeller (1821), seiner größeren Publizität durch E. Förstemann (1852) und schließlich seiner breiten Distribution durch das in sechs Auflagen (1876-1899) erschienene, gleichnamige Werk C. G. Andresens ist Volksetymologie bis heute sowohl als Terminus, wie auch in der Sache ein ebenso bewahrter wie umstrittener Begriff.
Das Seminar behandelt an aktuellen und historischen Beispielen einige der unterschiedlichen, unter dem Begriff Volksetymologie subsumierten Sachverhalte und stellt mit dem Konzept der Verstehensangleichung bzw. Rezeptionsanalogie eine Alternative dazu vor. Verstehensangleichungen können modelliert werden durch eine multiplane, generative Grammatik mit einer intonatorischen, morphosyntaktischen und semantischen Komponente. Im Kern des Verfahrens steht das Ähnlichkeitsräsonnement eines Sprechers, durch das er einer ihm fremden und unverstehbaren sprachlichen Einheit, eine die seinem Verständnis zugängig ist, zuordnet. Volksetymologien sind also individuelle Strategien der Rezeption zur Sicherung von Verständnis. Sie wird erreicht durch (bewusste oder unbewusste) Angleichung eines zu rezipierenden Ausdrucks, Inhalts oder (Sprach)-verhaltens an schon verfügbare (lexikalisierte) Ausdrücke, Inhalte oder (Sprach)-verhalten und das mit ihnen verbundene Regelwissen. Dabei können neue Wortformen, neue Wortbedeutungen oder beides, neue Wörter entstehen. |
Literatur |
Bebermeyer, R. (1974): Zur Volksetymologie: Wesen und Formen, in: Sprache und Sprachhandeln. FS f. G. Bebermeyer zum 80. Geburtstag. Hg. v. J. Möckelmann. Hildesheim/New York, S. 156-187
Olschansky, H. (1999): Täuschende Wörter. Kleines Lexikon der Volksetymologien. Stuttgart |