Kommentar |
Das Drama galt seit den programmatischen Theaterreformen des 18. Jahrhunderts traditionell als Gattung mit besonders hohem Kunstanspruch. Damit korreliert, dass in diesem Bereich geschlechterbedingte Ausschlussmechanismen besonders nachhaltig wirkten. Noch in den 1920er Jahre äußerte Marieluise Fleißer dem herrschenden Geschlechterdiskurs entsprechend: „So wie im Leben der Völker das Drama erst bei hochentwickelter Kultur aufzutreten pflegt, ist es als typische Leistung bei der Frau einfach noch nicht vorhanden“. Autorinnen, die für das Theater schrieben, gab es seit dem Mittelalter, der Weg in die Öffentlichkeit aber blieb ihnen häufig verstellt oder erforderte besondere Strategien (z.B. ein männliches Pseudonym) und Zugeständnisse (etwa in Stoffwahl und Adressatenbezug).
Im Gegenwartstheater sind Dramatikerinnen nicht mehr wegzudenken. Zum Ende des 20. Jahrhunderts stammt fast ein Drittel der Dramenproduktion von Frauen. Die Frage nach Genre und Geschlecht, die sich auf die gestalteten Themen richten lässt, bleibt dabei interessant. Im Zentrum des Seminars stehen Dramen von Elfriede Jelinek, Dea Loher und Kathrin Röggla. Die Poetikdozentur für Dramatik, die in diesem Sommer von Röggla wahrgenommen wird, wird in das Seminar eingebunden. Darüber hinaus wird es den Seminarteilnehmenden im Sinne eines forschenden Lernens ermöglicht, das zu behandelnde Textkorpus nach eigenen Interessen zu erweitern (z.B. um Theatertexte von Gesine Danckwart, Emine Sevgi Özdamar, Marlene Streeruwitz, Theresia Walser oder anderen).
Die Texte werden zu Beginn des Semesters bereitgestellt.
Alle den Modulvorgaben entsprechende Prüfungsformen werden ermöglicht. |
Literatur |
Für einen Einblick ins Thema empfohlen: Ingeborg Gleichauf: Was für ein Schauspiel! Deutschsprachige Dramatikerinnen des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Berlin 2003; 2 Beiträge in „Der Deutschunterricht“ 2006, Heft 4: Franziska Schößler: „Sinn egal. Körper zwecklos“. Elfriede Jelineks Demontage des (männlichen) Theaterbetriebs, S. 46-55; Birte Werner: Das Drama der Wirklichkeit. Theatertexte von Autorinnen der 1990er Jahre. Gesine Danckwart, Dea Loher, Theresia Walser, S. 63-72. |