Regionalismus in Europa: Flandern, Katalonien, Schottland … même combat?
„Regionalismus“ als politische Bewegung und Forschung zu Regionalismus kennen seit langem Konjunkturen: war das Thema seit den 1980er Jahren politisch und wissenschaftlich eher in den Hintergrund getreten, so könnte das Jahr 2014 in Europa für eine unerwartete Renaissance sorgen. Am 18. September 2014 werden die Schotten über ihren Verbleib im Vereinigten Königreich und damit über dessen Fortbestand in der bisherigen Form entscheiden. Die Katalanen möchten am 9. November 2014 ebenfalls über einen eigenen, unabhängigen Staat und damit die Loslösung von Spanien abstimmen. In Belgien wird der Ausgang der bevorstehenden Parlamentswahlen (25. Mai 2014, am gleichen Tag wie die Wahlen zum Europäischen Parlament in Belgien) weiteren Aufschluss über die Zukunft des gemeinsamen Königreichs geben. Die seit langem bestehenden Bestrebungen zu einer Unabhängigkeit des flämischen Landesteiles könnten dadurch neuen Auftrieb erhalten. Im dramatischsten aller Fälle würde 2014 als das Jahr des Zerfalls von klassischen Nationalstaaten in Westeuropa in die Geschichte eingehen – mit unabsehbaren Folgen auch für europäische Integration selbst.
Die vorliegende Lehrveranstaltung wird diese hochaktuellen Entwicklungen zum Anlass für eine vertiefte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Regionalismus“ nehmen. Die genannten „Fälle“ (gegebenenfalls auch weitere) werden vor dem Hintergrund einer detaillierten historischen Einführung in die bisherigen „Konjunkturen“ des Regionalismus in Europa und der Rolle von „Regionen“ in der europäischen Integration analysiert. Zudem muss in diesem Kontext auch die heikle Frage einer weiteren Mitgliedschaft von möglichen neuen unabhängigen Staaten in der Europäischen Union angesprochen werden. Im Zentrum stehen die politischen, historischen, kulturellen und ökonomischen Hintergründe der jeweiligen Regionalismusbewegungen sowie die Frage ihrer Vergleichbarkeit: gibt es gemeinsame Ursachen?
Zum Erwerb von 5 ECTS-CP (Hausarbeiten) sind Zusatzleistungen obligatorisch (über die in den jeweiligen Modulhandbüchern vorgesehenen Leistungsanforderungen hinaus und gemäß den entsprechenden Regelungen in den einschlägigen Studienordnungen, z.B. in Form von Referaten).Themen für Referate oder andere Zusatzleistungen sowie für Hausarbeiten können auch schon in den Sprechstunden vor Beginn der Vorlesungszeit übernommen werden (Sprechstunden in der vorlesungsfreien Zeit: Mittwoch, den 5. März, den 2. April und den 9. April 2014, jeweils 13-15 Uhr, Raum 2.24, Geb. C5 2, 1. OG)
Themenübersicht/Zeitplan:
Erster Teil: Einführung und historische Entwicklungen
Präsentation der Lehrveranstaltung und der Arbeitsweise, Ihre Fragen und Erwartungen, Themenvergaben (16.04.2014)
Einführung: „Regionalismus“ – Definitionen, Dimensionen, Ein- und Abgrenzung(en) des Themas (Leiter der Lehrveranstaltung, 23.04.2014)
„Alt-Regionalismus“ bis zum 2. Weltkrieg – konservativer Abwehrmechanismus gegen staatliche „Penetration“? (30.04.2014)
Regionalismus nach dem 2. Weltkrieg (1945-1980) – Emanzipationsbewegung gegen wirtschaftliche Penetration? (07.05.2014)
„Europa der Regionen“ – Regionen und Regionalismus in (West-) Europa (1981-1991) (14.05.2014)
Die Entwicklungen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa seit 1989 (21.05.2014)
Der „neue Regionalismus“ – ein „Regionalismus der Reichen“? (28.05.2014)
(in dieser Sitzung werden zudem Prüfungsfragen und – mit Blick auf die Hausarbeiten – Fragen zum wissenschaftlichen Arbeiten behandelt)
Zweiter Teil: Ein „neuer Regionalismus“? – Analyse aktueller Fallbeispiele
Der „Fall“ Belgien/Flandern (04.06.2014)
Der „Fall“ Spanien/Katalonien (11.06.2014)
Der „Fall“ Großbritannien/Schottland (18.06.2014)
Unabhängigkeit Flanderns, Kataloniens und Schottlands und die Mitgliedschaft in der Europäischen Union (25.06.2014)
Regionalismen in Frankreich, andere „Fälle“? (02.07.2014)
Dritter Teil: Schlussfolgerungen
„Neuer Regionalismus“? – même combat? (09.07.2014)
Aktuelle Entwicklungen und Ausblick (16.07.2014)
Abschlusssitzung (23.07.2014)
Literaturauswahl:
Benelux, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 8/2008, 18. Februar 2008 (mehrere Beiträge zum Themenkomplex)
Bernecker, Walther L., Zwischen „Nation“ und „Nationalität“: Baskenland und Katalonien, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 36-37/2010, 06. September 2010
von Beyme, Klaus, Föderalismus und regionales Bewusstsein – Ein internationaler Vergleich, München (Beck) 2007
Blaschke, Jochen (Hrsg.), Handbuch der westeuropäischen Regionalbewegungen, Frankfurt/M. (Syndikat) 1980
Europäisches Zentrum für Föderalismusforschung (EZFF) Tübingen, Jahrbuch des Föderalismus, Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Bände 1 – 14 (2000-2013), Baden-Baden (Nomos)
Gerdes, Dirk (Hrsg.), Aufstand der Provinz, Regionalismus in Westeuropa, Frankfurt/M. (Campus) 1980
Gras, Solange/Gras, Christian, La révolte des régions d’Europe occidentale de 1916 à nos jours, Paris (PUF) 1982
Hrbek, Rudolf/Weyand, Sabine, betrifft: Das Europa der Regionen, München (Beck) 1994
Hübner, Oliver Michael, Die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Entscheidungsprozess der Europäischen Union, Frankfurt/M. ( Lang) 2007
Schmitt-Egner, Peter, Handbuch zur Europäischen Regionalismusforschung, Regionalisierung in Europa, Wiesbaden (VS Verlag für Sozialwissenschaften) 2005
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