Kommentar |
Helmut Kohl und Die Grünen, Pershing und Friedensbewegung, Neue Deutsche Welle, Aids, Historikerstreit und „Heimat“; Brockdorf, Waldsterben, Tschernobyl und Ozonloch; – Risikogesellschaft und Erlebnisgesellschaft; Privatfernsehen, Verkabelung und Datenschutz; Kalter Krieg und sein Ende, Vereinigung der beiden deutschen Staaten.
Die 1980er Jahre sind zumindest schlagwortartig noch in lebhafter Erinnerung und als Orientierungs- und Bezugspunkte immer noch Teil unserer Gegenwart. Erst allmählich rücken sie in den Blick der Geschichtswissenschaft, ihre Historisierung steht noch am Anfang. Das hat nicht zuletzt mit forschungspraktischen Problemen zu tun, besonders dem Zugang zu Quellen in Archiven, der in der Regel erst nach 30 Jahren ohne größere Einschränkungen möglich ist.
Dabei wird das Jahrzehnt von markanten Zäsuren gerahmt: Am Beginn der „kurzen 80er“ standen der Machtverlust der sozial-liberalen Koalition und der Beginn der „Ära Kohl“. Zugleich bedeutete die Wirtschaftskrise von 1979-83 tiefgreifende Einschnitte in fast alle gesellschaftliche Bereiche. Die erneute Zuspitzung im Kalten Krieg ließ Sorgen aufkommen und brachte der Bundesrepublik die größten Demonstrationen ihrer Geschichte. Kaum jemand rechnete zu diesem Zeitpunkt damit, dass dieser Konflikt knapp 10 Jahre später mit dem Zusammenbruch des „Ostblocks“ und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten enden sollte.
Im Seminar soll es darum gehen, einen Überblick über die wichtigsten politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen im letzten Jahrzehnt der „alten Bundesrepublik“ zu gewinnen. Dabei geht es auch darum, die Verflechtung der BRD in größere Zusammenhänge aufzuzeigen, was besonders in der Außen- und Wirtschaftspolitik deutlich wird, aber auch Bereiche wie den Umweltschutz betraf und sich in der Politik auf der obersten Ebene der Staatsregierungen ebenso manifestierte wie auf der Ebene der Zivilgesellschaft, etwa in der Friedens- oder Umweltbewegung. Themen wie Strukturwandel und Wirtschaftskrise sollen ebenso behandelt werden wie die Veränderung des politischen Systems durch den Aufstieg der Grünen, soziale Veränderungen im Zeichen von andauernder Liberalisierung und Pluralisierung, aber auch ihre Grenzen, die sich etwa in der Debatte um AIDS manifestierten. Die Beschäftigung mit der NS-Vergangenheit und die Debatten um ein neues deutsches Selbstverständnis lassen ebenfalls ein ambivalentes Bild der „Bonner Republik“ entstehen. Hinzukommen alltags- und popkulturelle Phänomene wie die „Neue Deutsche Welle“; die Einführung des (Privat-) Fernsehens und des Videos.
Das Seminar versteht sich als eine Einführung in grundlegende Fragen und Probleme der Zeitgeschichte: Wie stehen wir heute zu diesem Jahrzehnt und welche Themen und Probleme der 1980er Jahre bestimmen noch heute unsere Gegenwart? Welche Deutungsangebote können HistorikerInnen machen? |
Literatur |
Wirsching, Andreas: Abschied vom Provisorium : 1982 – 1990, München 2006.
Archiv für Sozialgeschichte 52 (2012): Rahmenthema: Wandel des Politischen: Die Bundesrepublik Deutschland während der 1980er Jahre
Metzler, Gabriele: Einführung in das Studium der Zeitgeschichte, Paderborn 2004. |