Kommentar |
Im Jahre 399 v. u. Z. wurde der Philosoph Sokrates von einem athenischen Volksgericht der Gottlosigkeit für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Dieses Gerichtsverfahren wurde schon in der Antike als ein 'politisches' wahrgenommen: Wurde Sokrates tatsächlich wegen seiner religiösen Auffassung hingerichtet? Spielte der politische Kontext des Bürgerkrieges von 404/403 v.u.Z. eine Rolle? War das Verfahren legal? War es im Sinne der (antiken) Demokratie legitim? Welche Einstellung nahm der athenische Staat, welche seine Bürger gegenüber politischer Dissidenz und 'Meinungsfreiheit' ein? Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die politischen Strukturen, in denen häufig große Kollektive als juristische Entscheidungsträger fungierten? Neben einer Einführung in das athenische Rechtssystem und seine politischen Funktionen werden im Oberseminar diese und ähnliche Fragen am Beispiel ausgewählter Rechtsstreitigkeiten untersucht (vom Kylonischen Frevel über den Sokratesprozess bis zur Harpalos-Affäre 324 v. u. Z.), in denen sich zeitgenössische politische Konflikte widerspiegeln oder unmittelbaren Einfluss genommen haben. |
Literatur |
Einführende Literatur: zum Seminarthema: Leonhardt Burckhardt / Jürgen von Ungern-Sternberg (Hg.): Große Prozesse im antiken Athen, München 2000. zum athenischen Staatswesen: Jochen Bleicken: Die athenische Demokratie, Paderborn 41995; Mogens Herman Hansen: Die athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes. Struktur, Prinzipien und Selbstverständnis, deutsch von Wolfgang Schuller, Berlin 1995 (orig.: Det Athenske Demokrati, Kopenhagen 1991). zu zeithistorischen Kontexten: Karl-Wilhelm Welwei: Das klassische Athen. Demokratie und Machtpolitik im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., Darmstadt 1999. |