„Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit,
nichts ist exotischer als unsere Umwelt,
nichts ist fantasievoller als die Sachlichkeit.
Und nichts Sensationelleres in der Welt gibt es,
als die Zeit in der man lebt.“
(Vorwort aus: Der rasende Reporter von Egon Erwin Kisch)
Mit diesem Statement brachte der rasende Reporter Kisch das Selbstverständnis vieler Autorinnen und Autoren der Zwanziger und Dreißiger Jahre auf den Punkt, die man heute der sogenannten Neuen Sachlichkeit zuordnet. Diese literarische Strömung ist aufs engste mit den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der Weimarer Republik verbunden. Als Gegenbewegung zum Expressionismus entstanden, strebten die neusachlichen Autorinnen und Autoren eine nüchterne, tatsachenortientierte Darstellung des Großstadtalltags an. Um die ,neue Wirklichkeit‘ objektiv darzustellen, bedienten sich viele Autoren der Neuen Sachlichkeit dokumentarischer Literaturformen wie Reportage, Zeitroman, Zeitstück und (politischer) Gebrauchslyrik. Diese Darstellungsformen schließen eine kritische Reflexion der großstädtischen Zivilsationsleistungen und Modernisierungsschübe am Vorabend der Machtergreifung Hitlers mit ein.
Im Seminar werden anhand ausgewählter Texte aus der Gattungstrias die Grundzüge dieser literarischen Strömung exemplarisch analysiert. |