Kommentar |
„Niemand wird sich einen Künstler vorstellen – auch nicht den wildesten –, der im Atelier arbeitet, ohne die öffentlichen Orte im Kopf zu haben, an die seine Arbeiten vielleicht gelangen werden“, Daniel Buren, dessen Essay „Funktion des Ateliers“ im Jahr 1971 erschienen ist, hat sich bekanntermaßen dafür entschieden, stets in situ zu arbeiten, um auf die vorhandene Ausstellungsarchitektur reagieren zu können. Doch obschon die Funktion des Ateliers von Künstlern, wie etwa Daniel Buren, seit den 1960er-Jahren mehrfach in Frage gestellt wurde und das Laptop Künstlern inzwischen eine größere Unabhängigkeit garantiert, ist das Atelier als Rückzugsort und Möglichkeit im Geheimen zu arbeiten weiterhin eine wichtige Voraussetzung für kreatives Schaffen. Im Rahmen dieses Praxisseminars wollen wir uns daher zum einen mit der Frage beschäftigen, welchen Wandel das Atelier insbesondere seit den 1960er-Jahren erfahren und zweitens welche Formen und Funktionen es bis heute inne hat.
An den theoretischen Teil schließen sich zwei Exkursionstage nach Frankfurt am Main. Während dieses Praxisteiles wollen wir uns unterschiedliche Nutzungsformen des Ateliers näher anschauen als auch die Vorteile des Atelierhauses erörtern. Konfrontiert mit dem Wegzug des Kunstnachwuchses nach Berlin hat Frankfurt am Main das Konzept des Atelierhauses vor rund zehn Jahren für sich entdeckt: Im Jahr 2004 wurde das Atelier- und Ausstellungshaus Atelierfrankfurt gegründet. Seinen Platz fand es in einem ehemaligen Polizeipräsidium. Inzwischen ist das Künstlerhaus vom Westen in den Osten der Stadt umgezogen, im Herbst 2014 wird es offiziell wiedereröffnet. Welche Möglichkeiten bzw. Räume bietet das neue Künstlerhaus seinen Mietern und welche Künstler sowie Gruppen nutzen diesen Raum? Nach einem Rundgang durch das Haus werden wir am ersten Exkursionstag einige ausgewählte Ateliers besuchen, um durch Gespräche mit den jeweiligen Künstlerinnen und Künstlern Einblick in ihre Arbeitsweise zu erhalten. Am Nachmittag ist ein Besuch im Atelier des Frankfurter Künstlers und Documenta-Teilnehmers Thomas Bayrle geplant.
Der zweite Exkursionstag ist für die beiden Atelierhäuser der Initiative basis Frankfurt e.V. vorgesehen: Am Vormittag besuchen wir Ateliers, Werkstätten und den Projektraum in der Elbestraße 10 und am Nachmittag den Ausstellungs- und Leseraum sowie Ateliers in der Gutleutstraße 8-12. Auch in der basis steht das Konzept des Atelierhauses im Fokus unserer Betrachtung. |