Die Europa-Vorlesung des Europa-Kollegs CEUS ist eine interdisziplinäre Ringvorlesung, die sich an die Studierenden der Fachrichtungen der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sowie der Philosophischen Fakultäten richtet. Jede Sitzung wird von einem interdisziplinären Tandem gestaltet, wodurch die Studierenden neue Zugänge jenseits der eigenen Fächergrenzen kennenlernen. Zudem sollen sie dazu inspiriert werden, die Methoden und Inhalte des eigenen Fachs zu reflektieren und weitere Perspektiven in ihre wissenschaftliche Arbeit zu integrieren.
Rahmenthema der Pilot-Ringvorlesung im Wintersemester 2014/2015 ist das Thema "Grenze" in verschiedenen Bedeutungsfacetten und immer mit Blick auf Europa: So werden geographische Grenzen, aber auch Fächergrenzen, Sprachgrenzen, kulturelle Grenzen und Grenzüberschreitungen diskutiert.
Programm:
13. November 2014
Prof. Dr. Susanne Kleinert (Italianistik)/Prof. Dr. Romana Weiershausen (Frankophone Germanistik)
Grenzziehungen in der Literaturwissenschaft: Zur Diskussion von Nationalphilologien am Beispiel der deutschen Literatur und der Literatur des Grenzraums Südtirol
Sind Grenzziehungen in der Literaturwissenschaft, wie sie im Laufe des 19. Jahrhunderts vorgenommen wurden, um ‚Nationalliteraturen‘ zu kennzeichnen, heute noch aktuell? Der traditionelle Fächerkanon ist trotz vielfältiger Reformen des Universitätssystems äußerlich vielfach erhalten geblieben. Ein Blick in die aktuellen Forschungsfelder und Anforderungsprofile der Fächer zeigt zugleich, wie sehr sich ihre Gegenstände gewandelt haben. Als Diskussionsbeispiel dient hier die Germanistik zwischen ihrem einstigen Zuschnitt als Nationalphilologie und neuen Tendenzen einer interkulturellen Germanistik.
Vergleichsgegenstand ist die Literatur Südtirols, die sich in einem ganz anderen Spannungsfeld zwischen politischer Grenzziehung und regionaler Identität bewegt. Die Europa-Region Tirol-Südtirol-Trentino ist geschichtlich durch den Südtirol-Konflikt geprägt, der langjährige, von den 1960er Jahren bis 1992 dauernde Verhandlungen zwischen der autonomen Region Trentino-Südtirol und der italienischen Regierung nach sich zog. Die Schriftsteller Südtirols kritisieren die Grenzziehungen der Politik zwischen den Sprachgruppen seit langem und schlagen verschiedene Wege der Reflexion über den Grenzraum ein. Kann diese Literatur Denkanstöße geben, die über die Region hinaus wirken?
27. November 2014
Jun.-Prof. Dr. Christoph Vatter (Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation)/Dr. Vincent Goulet (Soziologie/Kommunikationswissenschaft)
Grenzüberschreitende Medienräume: Akteure, Informationsflüsse, journalistische Praxis
Wie zirkulieren Medieninformationen über Grenzen hinweg? Am Beispiel der Großregion, die u. a. von sprachlichen, kulturellen, sozialen und auch politischen Grenzen geprägt ist, sollen Zusammenhänge zwischen medialen und politischen Räumen aufgezeigt werden. Hierzu werden zunächst die Strukturen der Medienlandschaft in der Großregion vorgestellt und dann die Wechselbeziehungen zwischen Medien, Öffentlichkeit und der Ausbildung einer grenzüberschreitenden, europäischen Identität in diesem „medialen Feld“ (P. Bourdieu) diskutiert.
11. Dezember 2014
Dr. Gabriela Vojvoda-Engstler (Slavistik)/Prof. Dr. Anthi Wiedenmayer (Translationswissenschaft)
Salonica und Sarajevo als Jerusalem des Balkans – kulturelle Interaktionen und Abgrenzungen
In Geschichte und Literatur werden die Städte Salonica (Thessaloniki) und Sarajevo oft auch als Jerusalem des Balkans gehandelt. Die Veranstaltung beleuchtet die unterschiedlichen Repräsentationen dieser Städte vor dem Hintergrund der sich begegnenden und interagierenden Kulturen und Weltreligionen und geht u.a. anhand von literarischen Texten der Frage der Selbstwahrnehmung nach.
8. Januar 2015
Prof. Dr. Claudia Polzin-Haumann (Romanische Sprachwissenschaft)/Prof. Dr. Peter Dörrenbächer (Kulturgeographie)
Unternehmen im Grenzraum am Beispiel des Automobilherstellers Smartville in Hambach
In der Vorlesung geht es um einen Blick in die grenzüberschreitende Arbeitswelt aus geographischer und linguistischer Perspektive. Am Beispiel des Unternehmens Smart werden Anknüpfungspunkte für interdisziplinäre Forschung aufgezeigt.
15. Januar 2014
Prof. Dr. Astrid Fellner (Amerikanistik)/Prof. Dr. Joachim Frenk (Anglistik)
Grenzziehungen/Grenzüberwindungen: (Re-)Präsentationen von Grenzen in Nordamerika und dem Vereinigten Königreich
Dieser Vortrag setzt sich mit den kulturellen Bedeutungen von Grenzziehungen und Grenzüberwindungen in Nordamerika und dem Vereinigten Königreich auseinander und beleuchtet die Einschreibungen, Beschreibungen und Umschreibungen von Grenzräumen und -regionen aus unterschiedlichen Perspektiven. Sowohl für die britischen als auch für die nordamerikanischen Grenzen und Grenzräume gilt, dass sie Begehren nach Regional- und Nationalidentitäten sowohl als Begehren artikulieren als auch immer wieder kritisch befragen. Die diskutierten Grenzen sind und waren niemals statisch, sondern immer in Bewegung und sind dabei Gegenstand von Verhandlungen und Instrumentalisierungen unterschiedlichster Art.
22. Januar 2015
Prof. Dr. Lucia Scherzberg (Katholische Theologie)/PD Dr. August Leugers-Scherzberg (Neuere Geschichte)
Grenzüberschreitung und Abgrenzungen im deutsch-französischen Raum der Nachkriegszeit. Die Wiederbesiedlung der Benediktiner-Abtei St. Mauritius in Tholey im Jahr 1950
Die Wiederbesiedlung der Abtei Tholey führte zu einer Spaltung des Benediktiner-Konvents St. Matthias in Trier; angesichts der näheren Umstände der Trennung der Konvente kann von einem Sonderfall in der Geschichte der Beuroner Kongregation gesprochen werden. In diesem Prozess spielten die „Saarfrage“, die französische Kirchenpolitik und vermutlich auch saarländische europapolitische Konzeptionen eine wichtige Rolle.
5. Februar 2015
Prof. Dr. Brigitte Kasten (Geschichte des Mittelalters)/Prof. Dr. Heinrich Schlange-Schöningen (Alte Geschichte)
Grenzkonstruktionen und Grenzbewusstsein in der Antike und im Mittelalter
Grenzen – limites – sind für den Menschen der römischen Antike allgegenwärtig, im sozialen wie im räumlichen Sinn. Das Römische Reich kennt zahlreiche Grenzen in der Binnenstruktur und erlebt mehrfach die Konstruktion neuer Außengrenzen, die immer in der Spannung zur behaupteten Weltherrschaft der Römer stehen. Der erste Teil des Tandem-Vortrags wird den Fragen nachgehen, wie sich diese Konstruktionen im römisch-germanischen Spannungsfeld von Caesar bis in der Spätantike entwickelt haben und was sie über das antike Grenzbewusstsein aussagen.
Der zweite Teil wird dem mittelalterlichen Grenzdenken gewidmet sein: Selbst in frühesten Zeiten hatte der mittelalterliche Mensch ein Bewusstsein von Grenzen, auch wenn er dieses Wort dafür noch nicht nutzen kannte, das bekanntermaßen keiner germanischen Sprache angehört, sondern aus dem Slawischen stammt. Die Festlegung und die Wahrnehmung von Grenzen hängt jedoch von verschiedenen, sich teilweise überschneidenden kulturellen Kategorien ab, die sich deutlich von dem unterscheiden, was wir heute unter Grenze verstehen. Diese Kategorien sollen sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene im Vortrag angesprochen und anhand von Beispielen dargelegt werden.
12. Februar 2015
Klausurtermin |