Kommentar |
Das Philosophieren, wie wir es in Europa in der Gegenwart kennen, nahm seinen Anfang im Mittelmeer-Raum in einer Zeit, auf die man sich heute gewöhnlich mit dem Etikett der „vorsokratischen Periode“ bezieht. Allerdings hat viel von dem in jener Periode niedergeschriebenen Gedankengut unsere Zeit nicht erreicht. Papyros, das Beschreibmaterial der Antike, ist nicht sehr haltbar, und es gab in Zeiten des handschriftlichen Kopierens und der Knappheit von Beschreibmaterial immer eine Selektion im Hinblick darauf, was man für wichtig genug hielt, um es abzuschreiben und so wieder für einige Zeit verfügbar zu halten.
Es gab also die Zeit vor Sokrates, dann kam Sokrates selbst (gest. 399 v. Chr. in Athen durch Hinrichtung mit Gift), es folgten Platon, Aristoteles und viele andere. Bei Platon und Aristoteles ist die Überlieferungslage ungleich besser als bei den Vorsokratikern wie etwa Heraklit und Parmenides. Sokrates hat nichts Schriftliches hinterlassen, er setzte ganz auf das Philosophieren im Gespräch. Der Quellenlage entsprechend soll in der Vorlesung die Beschäftigung mit den Problemstellungen und Positionen bei Platon und Aristoteles im Vordergrund stehen – mit Exkursen, zu Vergleichs- und Kontrastierungszwecken, über die eine oder andere vorsokratische Strömung.
Die Vorlesung hat nicht nur Überblicks-Charakter. Durch die Besprechung ausgewählter Abschnitte aus (Übersetzungen von) verschiedenen aus der Antike überlieferten Texten soll auch eine exemplarische Kenntnis von Details vermittelt werden. Diese ist in der Regel wichtiger als das Einrichten von Schubladen für -ismen (wie „Eleatismus“, „Platonismus“) und dergleichen. Damit soll zugleich ein Beitrag zur Einübung in das Interpretieren von Texten geleistet werden, von denen uns eine sehr lange Zeitspanne trennt und bei denen das Verständnis sich entsprechend oft vor Herausforderungen gestellt sieht.
Literatur (außer Primärtexten wie vielen in Frage kommenden Dialogen Platons und für Anfänger einigermaßen zugänglichen Schriften von Aristoteles, z. B. der Nikomachischen Ethik):
Bordt, M., Platon; Freiburg 1999.
Kirk, G. S., und Raven, J. E., The Presocratic Philosophers; Cambridge 1977.
Rapp, C., Aristoteles zur Einführung; Hamburg 2001. |