Theorie der Komödie: Wie mache ich Theorie? Was verstehe ich unter Komödie?
Man kann ohne Theorie ins Theater gehen oder einen Roman lesen. Immer nimmt man jedoch Vorstellungen mit in den Saal, was eine Komödie ausmacht bzw. was man sehen möchte oder nicht. Auch beim gemütlichen Lesen auf dem heimischen Sofa begleiten uns Gattungskonventionen und Wissen über literarische Verfahren. Diese Begleiter sind unaufdringlich und so denkt man nicht unbedingt über sie nach; ohne sie könnten wir allerdings weder eine Aufführung genießen noch einen Roman lesen. Fängt man an, sich unsere Fähigkeiten im Umgang mit Literatur bewusst zu machen, dann entsteht Theorie und damit Wissenschaft.
Theorie ist also die Übersetzung von alltäglichen Kompetenzen in Wissenschaft. Dabei werden Begriffe genauer und eindeutiger. Das macht sie kritisierbar und verbesserbar. So entstehen Kategorien, Begriffe und Analyseinstrumente, die wegen ihrer Abstraktheit allgemein gelten und ermöglichen, Texte aus verschiedensten Zeiten und Orten zu verstehen und zu vergleichen.
Die Literaturwissenschaft entwickelt und speichert ihre Theorie in Texten. Diese Texte erscheinen - insbesondere wenn man nicht an sie gewöhnt ist und keine Übung hat - unzugänglich und unverständlich. Dieses Seminar hilft, das Lesen von Theorie zu lernen. Dazu werden verschiedene Lese-, Darstellungs- und Aufbereitungsmethoden vorgestellt und ausprobiert. Damit ist ein zweites Lernziel verknüpft: abstraktes Denken. Das Seminar macht erfahrbar, wie Theorie funktioniert, wie sie entsteht, wie sie kritisiert werden kann und wie man sie verbessern kann.
Theorie lesen und abstrakt denken, lernt man nur, indem man es tut. Komödie bietet dafür eine gute Gelegenheit, da der Begriff zum einen sehr geläufig ist: Jede weiß, was eine Komödie ist. Andererseits ist der Begriff diffus und entzieht sich strengen Definitionen. Seine lange Geschichte trägt dazu bei, dass sich unterschiedlichste Bedeutungen anlagern bzw. dass sich sein Kern verschiebt. Zudem ist Komödie nicht alleiniger Besitz der Literaturwissenschaft. Auch Philosophinnen, Soziologen, Filmwissenschaftler_innen oder HistorikerInnen nutzen ihn. Er zeigt deutlich, dass Theorie nicht von einer Disziplin alleine gemacht wird: Viele schreiben daran mit - nicht selten mit widersprüchlichen Ansichten. Aus der Vielschichtigkeit des Begriff ergibt sich ein weiteres Lernziel. Das Seminar entwickelt einen theoretisch fundierten Komödienbegriff für die Literaturwissenschaft, der möglichst anschlussfähig ist für andere Geisteswissenschaften, der sich also auch jenseits der Literaturwissenschaft nutzen lässt.
Zur Vorbereitung ich, sich mit einer der folgenden Einführungen in den Semesterferien dem Thema zu nähern. Beide Texte eignen sich auch sehr gut zur Begleitung des Seminars.
Stott, Andrew. Comedy. London: Routledge, 2005.
Weitz, Eric. The Cambridge introduction to comedy. Cambridge: Cambridge Univ. Press, 2009.
Neben einem ersten Kontakt mit der Theorie der Komödie ist es von Vorteil, einige Komödien präsent zu haben. Falls in den Semesterferien Zeit bleibt, die eine oder andere Komödie zu lesen, als Film zu sehen oder im Theater zu erleben, zahlt sich das im Seminar sicher aus. |