Spätestens seit Edward Snowdens Veröffentlichungen sind die nicht ganz so geheimen Geheim- und Nachrichtendienste wieder in aller Munde. Man empört sich über ihr Treiben und wundert sich, dass in einer demokratischen Gesellschaft, die der Transparenz verpflichtet ist, solche geheimen Operationen möglich sind und nötig scheinen. Aber waren Geheimdienste je ganz geheim? Und gibt es das überhaupt, das absolute Geheimnis? Wie kann man von einem Geheimnis sprechen, wenn man es nicht zumindest teilweise kennt? Mit dem Problem des Geheimnisses steht also auch immer die Frage nach einem bestimmten Wissen zur Diskussion. Dieses Wissen ist an besondere Figuren gebunden: den Verschwörer, den Verräter, den Spion, den Geheimagent. Um solche Figuren wird es im Seminar gehen. Dabei werden wir zweierlei versuchen. Wir werden uns erstens der Logik des Geheimnisses widmen und zweitens das Phänomen untersuchen, dass gerade fiktionale Texte mit Hingabe Spionage- bzw. Verschwörungsgeschichten erzählen. Gibt es eine Verwandtschaft zwischen fiktionalem Erzählen und der Arbeit von Geheimdiensten?
Im Proseminar werden wir diese Zusammenhänge anhand der folgenden exemplarischen Verschwörungs- und Spionagetexte analysieren und interpretieren. Dabei werden die in den Grundkursen erworbenen Kompetenzen literaturwissenschaftlicher Analyse und Interpretation vertieft:
Friedrich Schiller: Die Verschwörung des Fiesco zu Genua, (1784)
Ian McEwen: Honig, (2013)
Wolfgang Herrndorf: Sand, (2011)
Es wird empfohlen diese Texte vorbereitend zu lesen. Sie sind alle als Taschenbuch erhältlich. |