Zur Seitennavigation oder mit Tastenkombination für den accesskey-Taste und Taste 1 
Zum Seiteninhalt oder mit Tastenkombination für den accesskey und Taste 2 
Muster-Hochschule
Startseite    Anmelden    SoSe 2024      Umschalten in deutsche Sprache / Switch to english language      Sitemap

Philosophie der Mathematik - Einzelansicht

Zurück
  • Funktionen:
Grunddaten
Veranstaltungsart Seminar Langtext
Veranstaltungsnummer 89178 Kurztext
Semester WiSe 2015/16 SWS 2
Erwartete Teilnehmer/-innen Max. Teilnehmer/-innen
Turnus Veranstaltungsanmeldung Keine Veranstaltungsbelegung im LSF
Credits
Termine Gruppe: iCalendar Export für Outlook
  Tag Zeit Turnus Dauer Raum Raum-
plan
Lehrperson Status Bemerkung fällt aus am Max. Teilnehmer/-innen
Einzeltermine anzeigen
iCalendar Export für Outlook
Mi. 14:00 bis 16:00 woch 21.10.2015 bis 10.02.2016  Gebäude C5 2 - Seminarraum 2.02        
Gruppe :
 
 
Zuordnung zu Einrichtungen
Philosophie
Inhalt
Kommentar

Die „Tagung für Erkenntnislehre der exakten Wissenschaften“ Anfang September 1930 in Königsberg (danach fand die größere „Physiker-, Mathematik- und Naturforscher-Tagung“ statt, die Hilbert mit einer Rede inklusive seiner berühmten Zurückweisung des Ignorabimus eröffnete) ist für die Philosophie der Mathematik in mehrerer Hinsicht bemerkenswert: Zunächst einmal findet dort ein Symposion mit anschließender Diskussion über die damals dominanten Positionen der Philosophie der Mathematik statt, an der jeweils namhafte Vertreter teilnehmen, wenn es auch gewissermaßen nicht die erste, sondern die zweite Generation ist: Für die Logizisten ergreift Rudolf Carnap das Wort und referiert über die Entwicklung der Logizistischen Position von Dedekind, Frege über Russell und Whitehead bis hin zu Ramseys einfacher Typentheorie (Ramsey selbst war leider kurz zuvor jung verstorben). Anstelle von Brouwer verteidigt Arend Heyting die intuitionistische Sicht (das aber um einiges klarer und verständlicher, als Brouwer selbst dies je tat). Für Hilberts Schule ist es Johann von Neumann, der referiert und diskutiert; und mit Friedrich Waismann tritt ein Vertreter Wittgensteins auf. Die Vorträge der ersteren drei sind zusammen mit einem Protokoll der Diskussion Teil des zweiten Bandes der damals wieder neu aufgelegten Zeitschrift Erkenntnis, und sie bilden immer noch eine gute, kompakte Einführung in die drei klassischen Positionen der Philosophie der Mathematik – die Sicht Wittgensteins wird zwar nicht durch einen eigenen Text vertreten, sie kommt aber zumindest in der Rezeption der anderen Protagonisten (und in der Diskussion) ganz kurz vor.

Dabei besteht das logizistische Programm im Versuch des Nachweises, dass Mathematik nichts anderes als Logik – und mithin jene stets ebenso weltbezogen und anwendbar wie diese sei. Im Zuge dieses Projekts sind allerdings Schwierigkeiten (Stichwort: Russell-Paradox) aufgetreten, die die Intuitionisten dazu veranlasst haben, auf dem konstruktiven Charakter mathematischer Beweismethoden zu bestehen. Hilbert wollte sich damit nicht zufriedengeben und insbesondere die gerade erst eroberten Gebiete der höheren Analysis und Mengenlehre nicht wieder aufgeben, und startete so ein Rettungsprogramm: Mit Methoden, die auch gemäß der strengen intuitionistischen Standards zulässig sind, wollte er die Widerspruchsfreiheit der transfiniten, nicht-konstruktiven Mathematik nachweisen – und so zumindest deren instrumentelle Tauglichkeit erweisen.

Die entsprechende Konferenz ist aber noch aus ganz anderer Sicht heraus bemerkenswert – denn unter den Diskussionsteilnehmern war der junge Kurt Gödel, der bei eben jener Diskussion zum ersten Mal seine berühmten Unvollständigkeitsresultate verkündete. Die Herausgeber der Erkenntnis baten Gödel dann auch, die Diskussionszusammenfassung um eine kurze Darstellung seiner (zum Erscheinen des Heftes bereits veröffentlichten) Ergebnisse zu ergänzen. Durch Gödels Ergebnisse ändert sich die Diskussionslage in der Philosophie der Mathematik grundlegend, und von Neumann etwa ist dies auch sofort bewußt: Noch auf der Rückfahrt von der Konferenz fällt ihm auf, dass sich der zweite Unvollständigkeitssatz aus dem von Gödel Präsentierten ergibt; er schreibt dies Gödel, der das selbst allerdings auch bereits weiß. (Tatsächlich publiziert Gödel aber nie den angedeuteten zweiten Teil des Aufsatzes, in dem er den Beweis des zweiten Theorems wirklich ausführt, u.a. weil dieses Ergebnis auch ohne vollständigen Beweis von der Mathematikergemeinschaft bald akzeptiert wird.)

Im Seminar werden wir uns mit den kurzen Originaltexten befassen (insgesamt weniger als 40 Seiten!), die die auf der Konferenz präsentierten Vorträge und die Diskussion darüber enthalten. Dabei werden wir zunächst einen Überblick über die Debattenlage erhalten und die zum Zeitpunkt der Konferenz bereits ausgearbeiteten Positionen besser kennenzulernen versuchen (und dazu bei Bedarf und Interesse auch in die Texte der jeweiligen Gründungsväter der Positionen hineinschauen – absolut notwendig wird das aber nicht sein). Anschließend werden wir über Gödels Unvollständigkeitstheoreme und deren Auswirkungen auf die jeweiligen Programme diskutieren.

Das ist zumindest ein Vorschlag für ein Programm, das sowohl Einblicke in wirkliche Klassiker auf dem Gebiet bieten als auch gerade einen zentralen Wendepunkt mitberücksichtigen würde. Sollten aber andere Interessen (und entsprechende Vorkenntnisse und Motivation) bei den Teilnehmern vorhanden sein, könnte sich das Seminar auch aktuelleren Themen der Philosophie der Mathematik widmen, etwa Fragen nach Strukturalismus oder Pluralismus in der Mathematik. Insofern wird das genaue Programm erst in der ersten Sitzung festgelegt werden.

Bemerkung

Magister- und Lehramtsstudiengang (auslaufend): Theoretische Philosophie, Logik, Wissenschaftstheorie, Philosophie der Mathematik, Sprachphilosophie, Ontologie & Metaphysik, Erkenntnistheorie.


Strukturbaum
Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester WiSe 2015/16 , Aktuelles Semester: SoSe 2024