Kommentar |
Konrad von Würzburg gehört zu den vielseitigsten und versiertesten Dichtern des 13. Jahrhunderts. Während seine kleinepischen Texte, z.B. das 'Herzmaere', und seine Großepik (z.B. der Trojaroman) in der Forschung viel Aufmerksamkeit erhielten, stand seine Lyrik, vor allem seine Sangspruchdichtung, bisher kaum im Mittelpunkt des Interesses. Im Mittelalter dagegen wurde Konrad gerade wegen seiner Sangspruchdichtung gefeiert.
Im Seminar werden die Sangsprüche Konrads gemeinsam gelesen und interpretiert. Dies gibt die Gelegenheit, verschiedene thematische Bereiche der mittelalterlichen Literatur kennenzulernen, z.B. die zu Konrads Zeit aktuelle deutschsprachige Literatur, den "Sitz im Leben" der mittelalterlichen Lyrik, die politischen Umstände im 13. Jahrhundert, die Theologie usw. Auch die Überlieferung von Konrads Lyrik, d.h. die teils prachtvollen, teils sehr einfachen "Original-"Handschriften, werden im Laufe des Semesters untersucht - sie geben Einblick in ein komplexes mediales Geflecht von Text, Bild und Musik.
Eine wesentliche Rolle wird darüber hinaus der Rezeption der Texte zukommen: Noch bis in das 18. Jahrhundert wurde Konrads Sangspruchdichtung von den so genannten Meistersingern rezipiert. Da Konrads Strophen im Laufe dieser langen Rezeptionsphase nicht unverändert blieben, gibt eine Untersuchung dieser Texte aufschlussreiche Einblicke in die nachmittelalterliche Literatur. |