Kommentar |
Durch das (verbale) Sprechen unterscheidet sich der Mensch von anderen Lebewesen - und den Germanist(inn)en ist die Reflexion über die gesprochene Sprache selbstverständlich. Welche Formen der Sprachreflexion finden sich aber im Mittelalter?
Betrachtet man die sehr differenzierte Lexik des Sprechens vom 8.-16. Jahrhundert, so wandelt sich diese nicht nur innerhalb des genannten Zeitraums, sondern finden sich außerdem einige Lexeme, die heute nicht mehr bekannt sind; ihre genaue Semantik zu ermitteln, ist ein erster Schritt im Verständnis der mittelalterlichen Sprachreflexion. Dabei fällt auf, dass auch die deutschen Texte von Beginn an die verschiedenen Formen des Handelns durch das Sprechen reflektieren, die heute unter "Sprachpragmatik" untersucht werden. Mit feinem Gespür für die Wirkungen von Sprache wird z.B. das Problem thematisiert, dass die im 12. Jahrhundert aufkommende Vorstellung von (verbaler) Höflichkeit gerade im Bereich der Direktiva eine bewusste Abschwächung der verwendeten Illokutionen erfordert.
Im Sinne der historischen Dialogforschung untersucht das Seminar somit das Wortfeld der Bezeichnungen für das Sprechen (Lexik, Semantik, Pragmatik) - unter Berücksichtigung der (meist literarischen) Kontexte, in denen das Sprechen thematisiert wird. |