1935 hat Thomas Mann mit Emphase apodiktisch konstatiert: »Rundheraus gesagt, halte ich die österreichische Literatur in allen Dingen des artistischen Schliffes, des Geschmacks, der Form-Eigenschaften, die doch wohl nie aufhören werden, in der Kunst eine Rolle zu spielen, und die keineswegs epigonenhaften Charakters zu sein brauchen, sondern Sinn für das Neue und Verwegene nicht ausschließen – der eigentlich deutschen für überlegen.«[1]– Ohne dieses literaturkritische Urteil zu bewerten, sei es als Anlass genommen, österreichische Literatur in kultureller und historischer Perspektive zu untersuchen und auf mögliche Besonderheiten im Vergleich zu anderen deutschsprachigen Nationalliteraturen zu befragen.
Die Ringvorlesung ist der zweite Teil einer Vortragsreihe, die im WiSe 2015/16 begonnen hat. In diesem Rahmen werden bekannte ›Klassiker‹ der österreichischen Literatur sowie wichtige literarische Positionen in literaturhistorischer Abfolge vorgestellt. Es gilt dabei, den heterogenen Kulturraum Österreich durch ausgewählte Literaturbeispiele prominenter Autoren exemplarisch abzustecken. Im Zentrum der Einzelanalysen steht stets ein zentraler epischer, dramatischer oder lyrischer Text. Literaturhistorisch wird ausgehend von der Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts chronologische zurückgegangen bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Thematisiert werden unter anderem Texte von Thomas Bernhard, Ingeborg Bachmann, Ernst Jandl, Marlen Haushofer, Arthur Schnitzler, Marie von Ebner-Eschenbach, Johann Nestroy und Franz Grillparzer.
Vortragen werden sowohl Saarbrücker GermanistInnen (Johannes Birgfeld, Stephanie Blum, Caroline Frank, Stefanie Kreuzer, Gerhard Sauder, Markus Schleich, Sikander Sing), als auch eingeladene Gäste (Annette Antoine, Andreas Blödorn, Mandy Dröscher-Teille, Oliver Jahraus, Clemens Ruthner, Urania Milevski).
Anmerkung: Der Besuch des ersten Teils der Ringvorlesung ist nicht obligatorisch für die Teilnahme an der aktuellen Vortragsreihe. Alle neu an Klassikern österreichischer Literatur Interessierten sind herzlich willkommen!
[1] Thomas Mann, 1935; zit. nach: Die österreichische Literatur seit 1945. Eine Annäherung in Bildern. Ditzingen: Reclam 2000. S. 14.
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Vorlesungsplan (WiSe 2016/17)
1. VL: 27. Okt. 2016 – Prof. Dr. Oliver Jahraus (München): Thomas Bernhards Roman Auslöschung. Ein Zerfall (1986)
2. VL: 3. Nov. 2016 – Dr. Caroline Frank (Saarbrücken): Peter Roseis Essayband Entwurf für eine Welt ohne Menschen. Entwurf zu einer Reise ohne Ziel (1975)
3. VL: 17. Nov. 2016 – Prof. Dr. Roland Innerhofer (Wien): Konrad Bayers Romanmontage der kopf des vitus behring (1965)
4. VL: 24. Nov. 2016 – Mandy Dröscher-Teille (Hannover): Ingeborg Bachmanns Roman Malina (1971)
5. VL: 1. Dez. 2015 – Stephanie Blum (Saarbrücken): Ernst Jandls experimenteller Lyrikband Laut und Luise (1966)
6. VL: 8. Dez. 2016 – J.-Prof. Dr. habil. Stefanie Kreuzer (Saarbrücken): Marlen Haushofers Roman Die Wand (1963)
7. VL: 15. Dez. 2016 – Prof. Dr. Andreas Blödorn (Münster): Arthur Schnitzlers Monolognovelle Fräulein Else (1924)
8. VL: 5. Jan. 2017 – Dr. Annette Antoine (Hannover): Karl Kraus’ Drama Die letzten Tage der Menschheit (1918)
9. VL: 12. Jan. 2017 – Prof. Dr. Sikander Singh (Saarbrücken): Georg Trakls Gedichtsammlung Sebastian im Traum (1915)
10. VL: 19. Jan. 2017 – Prof. Dr. Clemens Ruthner (Dublin): Alfred Kubins Roman Die andere Seite (1909)
11. VL: 26. Jan. 2017 – Markus Schleich (Saarbrücken): Josefine Mutzenbachers [Felix Saltens?] erotischer Roman Die Lebensgeschichte einer wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt (1906)
12. VL: 2. Febr. 2017 – Dr. Urania Milevski (Kassel): Marie von Ebner-Eschenbachs Roman Das Gemeindekind (1887)
13. VL: 9. Febr. 2017 – Dr. Johannes Birgfeld (Saarbrücken): Johann Nestroys Drama Der Talisman (1840/43)
14. VL: 16. Febr. 2017 – Prof. Dr. Gerhard Sauder (Saarbrücken): Franz Grillparzers Novelle Der arme Spielmann (1848) |