Kurzkommentar |
Das Seminar findet sowohl auf dem Campus als auch im Kino statt.
In Kooperation mit dem Kino achteinhalb Saarbrücken (www.kinoachteinhalb.de).
Sieben begleitende Filmvorführungen zwischen Donnerstag, 9. März 2017, und Mittwoch, 15. März 2017. Beginn jeweils 19 Uhr im Kino achteinhalb, Nauwieserstraße 19, 66111 Saarbrücken. Die Teilnahme (ermäßigter Sonderpreis) ist für die Kursteilnehmer obligatorisch!
Donnerstag, Freitag (9., 10. März 2017), Montag, Dienstag, Mittwoch (13., 14., 15. März 2017):
Campus, Gebäude A2 2, Konferenzraum 1.20, jeweils 15 bis 18 Uhr.
Kino achteinhalb Saarbrücken (www.kinoachteinhalb.de), jeweils ab 19 Uhr.
Samstag und Sonntag (11. und 12. März 2017):
Nur Kino achteinhalb Saarbrücken (www.kinoachteinhalb.de), jeweils ab 19 Uhr.
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Kommentar |
«Hulot, das bin selbstverständlich ein bisschen ich, aber seid auch ein wenig ihr alle.» Mit dieser Selbstbeschreibung weist der französische Filmemacher Jacques Tati (1907-1982), der 2017 seinen 110. Geburtstag gefeiert hätte, bereits auf die universale Wirkung seiner berühmten Kunstfigur Monsieur Hulot hin.
Hulot, der keinen Vornamen hat, dafür aber eine ausgeprägte, große Statur, mit Pfeife im Mund, Mantel, Schirm und Hut unterwegs ist und sich durch seinen charakteristischen Gang auszeichnet, mit dem er in langen, großen Zügen voranschreitet und danach in tänzelnden, kleineren Schritten sein Ziel wie in einem tänzelnden Walzer einkreist, dieser Hulot zählt zu den großen Pantomimen der Filmgeschichte. In seinem speziellen philosophischen Slapstick ist er Charlie Chaplins Tramp, Buster Keaton oder Stan Laurel & Oliver Hardy ebenbürtig.
Doch Jacques Tati hat weitaus mehr geschaffen als sein Alter Ego, das sich in «Die Ferien des Monsieur Hulot» (1953), «Mein Onkel» (1958), «Tatis herrliche Zeiten» (1967) und «Trafic – Tati im Stoßverkehr» (1971) immer neuen Gegebenheiten aussetzt, sei es dem Strandurlaub, der ultramodernen Villa, dem Massentourismus oder dem Automobilsalon. In seinem ersten Spielfilm «Tatis Schützenfest» (1949) etwa beobachtet er das Hereinbrechen der Moderne in die traditionelle Welt eines französischen Dorfes – ein Leitthema, das sein Gesamtwerk durchzieht – und in «Parade» (1974) schließlich huldigt Tati seinen pantomimischen Anfängen im Zirkus und Varieté, womit sich der Kreis zum Rummelplatz schließt.
Der Sohn eines Rahmenmachers hat mit nur sechs Spielfilmen und einigen Kurzfilmen ein quantitativ vergleichsweise überschaubares Oeuvre vorgelegt, doch fast jede seiner Arbeiten gilt als Meisterwerk der Filmgeschichte.
Seine Filme, die durch eine perfektionistische, hoch ästhetische Durchgestaltung auffallen, sind einerseits kluge zeitgenössische Beobachtungen der französischen Gesellschaft der 1940er bis 1970er Jahre, doch sie berühren auch heute noch durch ihren zeitlosen Charme und bringen durch ihre vielschichtige Komik die unterschiedlichsten Zuschauer zum Lachen, wie der Filmwissenschaftler Michel Chion bemerkt hat: «Wenn Tati seine Filme in kleine distinkte Inseln aufteilt und, indem er dies macht, durch seine Gags seine Zuschauer in Untergruppen trennt, die alle am Ende über verschiedene Dinge lachen, und kaum gemeinsam, dann geschieht dies, da es auf diese Weise weniger Möglichkeiten gibt, dass eine zu kollektive und zu generelle Reaktion des Publikums ausfallen und die Kommunikation [mit dem Film] aufbrechen wird.»
Welche Herausforderungen muss also Hulot meistern, wie konstruiert Tati seine Figur, wie inszeniert er seine Filme und mit welchen Mitteln erreicht er unser Lachen? Diese und weitere Fragen stehen im Fokus des Blockseminars, das den Blick auf die Filmsprache Jacques Tatis legt und diese anhand zahlreicher Beispiele veranschaulicht. Die Seminarteilnehmer werden somit an kritische Fragen zur filmwissenschaftlichen Analyse anhand des Gesamtwerks eines Klassikers der europäischen Filmgeschichte herangeführt.
Integraler Bestandteil des Seminars bildet eine begleitende Filmreihe im Saarbrücker Kino achteinhalb. Dort werden an sieben Abenden der Seminarwoche thematisch korrelierend sämtliche Filme Jacques Tatis auf der Leinwand gezeigt, die im Seminar besprochen werden. Die Teilnahme (ermäßigter Sonderpreis) ist für die Kursteilnehmer verpflichtend.
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Bemerkung |
Zur Person:
Nils Daniel Peiler, geboren 1988 in Saarbrücken. B.A. in Germanistik und Bildwissenschaften der Künste der Universität des Saarlandes Saarbrücken. Internationaler M.A. in Audiovisual and Cinema Studies der Goethe-Universität Frankfurt a. M., der Sorbonne Nouvelle Paris und der Universiteit van Amsterdam. Doktorand am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg; Promotionsvorhaben zur künstlerischen Rezeption von Stanley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum. Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung. Studentische Hilfskraft beim Aufbau einer kunstgeschichtlichen Bilddatenbank, Mitarbeit am DFG-Projekt «‹Elective Affinities›?! Studien zu filmischen Adaptionen von Romanen und Erzählungen mit Kunstbezug», Mitorganisation der Ringvorlesung zur Industriekultur «Genialer Schrott». Forschungsinteresse u. a. an filmischer Rezeption, filmischen Paratexten und Filmsynchronisation. Lehrbeauftragter der Universität des Saarlandes, der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Heidelberg. Lehrveranstaltungen, Vorträge und kuratorische Tätigkeit mit Kinoprojekten zur Filmgeschichte. Journalistische Veröffentlichungen zu Kunst-, Film- und Medienthemen als freier journalistischer Mitarbeiter für vielfältige Hörfunk-, Print- und Online-Medien, u. a. das Magazin Filmdienst. |