Kommentar |
Die Wahrnehmung und Deutung von Naturkatastrophen zählt zu den jüngeren Forschungsfeldern der historischen Anthropologie/Europäischen Ethnologie. Auch wenn es sich in lebensgeschichtlicher Perspektive je nach Wohn- und Lebensort um Ausnahmesituationen handelt (Menschen, die am Meer, an Flüssen oder in den Bergen leben, werden weit häufiger damit konfrontiert), handelt es sich um eine menschliche Grenzerfahrung, die nicht nur in der konkreten Notsituation bewältigt werden muss, sondern in der Regel auch eine kulturelle Deutung erfährt/erfuhr. In den vormodernen Jahrhunderten (bis ca. 1800) galten Naturkatastrophen als Strafe Gottes für Verfehlungen des sündigen Menschen. Die heutige Wahrnehmung hingegen operiert – jenseits der naturwissenschaftlichen Erklärungen – mit anderen Deutungsangeboten: Hier schlägt die Natur zurück, weil sich der Mensch an ihr und nicht mehr an Gottes Geboten vergriffen hat.
In der Lehrveranstaltung werden wir uns vor allem derartigen Fragen widmen und die Bearbeitungs-, Bewältigungs- und auch Deutungsstrategien von Naturkatastrophen sowohl an historischen wie auch gegenwärtigen Beispielen verfolgen. Im Zentrum stehen ausgewählte Naturkatastrophen wie beispielsweise die Sturmflut in Hamburg im Jahre 1962, die Oderflut in den 1990er Jahren, die Lawinenkatastrophe im österreichischen Urlaubsort Galtür im Jahre 1999, das Erdbeben in Lissabon in der Mitte des 18. Jahrhunderts oder auch der Hurrikan Kathrina in New Orleans im Jahre 2004. (Weitere Vorschläge sind erwünscht!)
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Literatur |
Lektüre zur Einführung:
D. Groh u.a. (Hgg.), Naturkatastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Konstanz 2003. |
Bemerkung |
Die Lehrveranstaltung ist als Joker (Masterseminar oder Proseminar) angelegt und gibt Studierenden des BA- und Masterstudiengangs Hok sowie des Master-STudiengangs Angewandte Kulturwissenschaften die Möglichkeit, eine Veranstaltung zu besuchen, die laut Studienordnung nur im Sommersemester angeboten wird. |