Zum Thema „Liebe“ spuckt Google die einschlägigen Symbole aus: Herzen, Schlösser an Brücken, Paare in trauter Zweisamkeit vor der untergehenden Sonne. Heraufbeschworen werden mit diesen Bildern Vorstellungen der romantischen Liebe: tiefe innere Verbindung und gegenseitige Vervollkommnung, Füreinanderbestimmtsein, Seelenverwandtschaft und emotionale Erfüllung. Diese Vorstellung hat sich erst im 18. Jahrhundert entwickelt und wird wahrscheinlich irgendwann durch andere Konzepte verdrängt werden.
Diese Entwicklung der „romantischen Liebe“ wird in der Literatur des 18. Jahrhunderts reflektiert, aber auch von ihr mitgetragen. Im Seminar werden anhand von drei Romanen historische Liebeskonzepte dieser Zeit untersucht. Dabei spielen auch zeitgenössische Diskurse über Freundschaft, Sexualität sowie die Rollen der Geschlechter eine Rolle. Anhand der Lektüre kann eine Entwicklung nachvollzogen werden: Während Gellerts Schwedische Gräfin (1747) noch das Ideal einer Disziplinierung persönlicher Leidenschaften zugunsten einer vernünftigen Liebe in der Ehe repräsentiert, entwirft Goethes ‚Bestseller‘ Die Leiden des jungen Werthers (1774/87) eine sehr viel radikalere und bedingungslosere Vorstellung von Liebe. Er erkennt in der Angebeteten die Seelenverwandte und steigert sich in die Absolutheit seiner Liebe hinein. Eine soziale Integration der Beziehung, wie sie von der Schwedischen Gräfin praktiziert wird, interessiert ihn nicht. Die „romantische Liebe“ als absolute Erfüllung wird schließlich in Friedrich Schlegels frühromantischem Roman Lucinde (1799) entworfen, der nicht zuletzt wegen seiner Thematisierung von körperlicher Liebe einen Skandal auslöste.
Neben aktiver Teilnahme sind die Übernahme eines Arbeitspapiers und die Bearbeitung von wöchentlichen Aufgaben verpflichtend. Das Seminar wird mit einer schriftlichen Hausarbeit abgeschlossen.
Bitte anschaffen:
- Christian Fürchtegott Gellert: Leben der Schwedischen Gräfin von G***. Hg. v. Jörg-Ulrich Fechner. Stuttgart: Reclam 1986 (oder neuere Auflagen).
- Johann Wolfgang Goethe: Die Leiden des jungen Werthers. Studienausgabe. Paralleldruck der beiden Fassungen. Hg. v. Matthias Luserke. Stuttgart: Reclam 1999 (oder neuere Auflagen).
Auszüge aus Schlegels Lucinde werden als PDF zur Verfügung gestellt.
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