Kommentar |
Die Geschichte des letzten französischen Königs - er regierte von 1830 bis 1848 - ist geprägt von Gegensätzen und Widersprüchlichkeit Louis-Philippe von Orléans gehörte dem bourbonischen Herrscherhause an, wurde jedoch im Sinne der Rousseau'schen Prinzipien erzogen, begrüßte 1789 den Ausbruch der Revolution und trat dem Jakobinerclub bei. Als Freiwilliger diente er in der Revolutionsarmee, desertierte aber nach der Niederlage von Neerwinden 1793. Nach Aufenthalten u.a. in der Schweiz, Skandinavien und den Vereinigten Staaten fand er 1801 wie bereits zuvor einige seiner bourbonischen Verwandten Zuflucht in England. Offiziell fand dort zwar eine Aussöhnung mit Ludwig XVIII. statt, doch blieben auf beiden Seiten Ablehnung und Misstrauen bestehen. In jeder Krise, die nacheinander die Republik, das Konsulat und das Kaiserreich durchliefen, wurde ein Orléans-Königtum als mögliche Alternative genannt, doch blieb, nachdem der während der Julirevolution 1830 äußerst geschickte Taktierende den Thron bestiegen hatte, den von ihm ernannten Regierungen die Stabilität versagt. Stets hatte Louis-Philippe um die Gunst des Volkes gebuhlt und ostentativ einen bürgerlichen Lebensstil gepflegt, doch nur kurze Zeit nach seiner Proklamierung bezichtigte die öffentliche Meinung ihn des Verwandtenmordes aus Habgier, und kein französischer Regent hatte zahlreichere Attentate auf sich gezogen. Der neue Monarch führte den Titel eines „Königs der Franzosen", war aber vielmehr der König des Großbürgertums und der Hochfinanz und lehnte strikt eine Ausweitung des Wahlrechts ab. Legitimisten, Bonapartisten und die mit den sich gerade ideologisch wie politisch formierenden Sozialisten paktierenden Republikaner standen dem neuen Regime unversöhnlich gegenüber. Napoleon hatte einst durch seine Unfähigkeit, dem Land den ersehnten Frieden zu geben, fast jeglichen Rückhalt verloren. Die auf Ausgleich bedachte Außenpolitik Louis-Philippes stieß dagegen auf Auflehnung, da sie die Revanchegelüste und den Ehrgeiz der Nation nicht befriedigte. Der König, der in seiner Jugend einer Revolution gedient und einer zweiten seinen Thron zu verdanken hatte, wurde schließlich von einer dritten gestürzt und ins Exil gezwungen. In der Regierung folgte ihm erst Lamartine, ein Dichter und Historiker, der eine dramatische Schilderung der letzten Stunden der Julimonarchie hinterlassen hat, dann Louis-Napoléon, ein Neffe des Kaisers nach, dessen Legende König Louis-Philippe zur Sicherung der eigenen Herrschaft instrumentalisiert hatte.
In der Übung werden anhand von Zeitzeugnissen Biographie und Politik des „Bürgerkönigs" nachgezeichnet. |